Über uns
Joie Collins ist ein Gründungsmitglied vom Michael Jackson Fan Club (MJFC). Sie hat ausgiebig für MJFC geschrieben, hat 1999 dabei geholfen, die ursprüngliche Seite zu erstellen und sowohl die News als auch die History Bereiche der Webseite zu betreuen. Im Laufe der Jahre hat sie zahlreiche Interviews im Namen von MJFC gegeben und den Schriftverkehr für den Club geregelt. Sie hatte auch das große Glück, Gast auf Neverland gewesen zu sein. Sie ist ein Michael Jackson Fan seit sie drei Jahre alt ist.
Lisha McDuff ist eine klassisch ausgebildete professionelle Musikerin, die 30 Jahre lang als Flötenspielerin gearbeitet hat und dabei in Orchester und bedeutenden Theaterproduktionen gespielt hat. Ihre Passion für Populärmusik brachte sie dazu, den Orchestergraben vorübergehend zu verlassen und im Juni 2013 erhielt sie einen Master in populärer Musik von der Universität in Liverpool. Sie führt ihr Studium an der McMaster Universität fort, wo sie an einem großen Forschungsprojekt über Michael Jackson arbeitet, mit Susan Fast als ihre Leiterin.
Willa Stillwater ist die Autorin von M Poetica: Michael Jackson’s Art of Connection and Defiance und Michael Jackson neu lesen, einem Artikel, der einige der zentralen Ideen von M Poetica zusammenfasst. Sie hat einen Doktortitel in englischer Literatur und ihre Doktorarbeit fokussierte sich darauf, wie kulturelle Erzählungen (wie Rassismus) für uns real gemacht werden, in dem sie auf unsere Körper „geschrieben“ werden. Sie sieht dieses Konzept als ein wichtiges Element von Michael Jacksons Werk, das er soziale Konditionierung nannte. Sie ist ein Michael Jackson Fan seit sie neun Jahre alt ist.
Warum “Dance with an Elephant”? (Mit einem Elefanten tanzen)
Joie: So, “Dancing with the Elephant”. Ziemlich merkwürdiger Titel für einen Blog über Michael Jackson, oder? Okay, nicht wirklich. Nicht, wenn ihr einmal verstanden habt, wo meine Freundin und ich herkommen und wie es zu diesem Blog kam.
Mein Name ist Joie Collins und ich bin eine der Personen, die sich der MJFC (Michael Jackson Fan Club) Website widmen und sie mit aus der Taufe gehoben haben. Unnötig zu sagen, dass ich ein riesiger Michael Fan bin und dies auch schon bin seit ich ein kleines Kind war und die Jackson 5 bei einem Auftritt in Soul Train gesehen habe. Was ich für MJFC tue, mache ich schon eine sehr lange Zeit, und ich liebe es! Es macht mich sehr zufrieden, wenn ich in die New Page der Website schaue und die Business Mails der Seite beantworte. Kürzlich hatte ich das große Vergnügen, Dr. Willa Stillwater kennenzulernen, als ich zustimmte, ihr neues Buch „M Poetica“ zu lesen, um ihr mein ehrliches Urteil aus der Sicht eines Fans zu geben.
Ich bin nicht sicher, was genau sie mich gefragt hat. Wie ihr wisst, nehmen wir MJ Fans unsere Meinung sehr genau! Und wie ihr euch denken könnt, rief meine „ehrliche Reaktion aus dem Bauch heraus“ eine sofortige hitzige Debatte hervor. Willa und ich gingen zurück und vor und zurück und vor über verschiedene Themen, die in ihrem Buch angesprochen werden. Ich erzählte ihr über all die Dinge, die ich darin liebe, aber ich konnte mich auch nicht zurückhalten zu den Dingen, die ich hasse. Und sie konterte mit all den Gründen, warum sie es auf die Art geschrieben hat, wie sie es geschrieben hat, und ich erklärte ihr, warum ich auf meine Art fühlte und warum die meisten Fans mit mir einer Meinung sein würden. Dies ging einige Wochen so, und schließlich begannen sie und ich zu verstehen, dass wir auf etwas ganz Spezielles gestoßen waren.
Was wir realisierten, ist, dass wir während unserer Debatten tatsächlich einige ziemlich interessante Diskussionen über Michael Jackson, über seine Kunst und seine Musik hatten. Wir sprachen offen und ehrlich, hatten reale, tiefgehende Gespräche über die Arbeit des größten Entertainers aller Zeiten. Und sogar wenn wir nicht einer Meinung waren, was ausreichend passierte, kamen wir beide wieder an einen erleuchtenden Punkt der Unterhaltung, der uns wieder eine neue Sichtweise auf den King of Pop bot, als wir bis dahin hatten. Also dachten wir uns, warum führen wir diese Diskussion nicht in einem größeren Maßstab fort? Und warum laden wir nicht euch alle ein, Zeugen dieser Unterhaltung zu sein und auch teilzunehmen?
Aber ich habe immer noch nicht den Namen erklärt, richtig? Okay, wir wollten beide einen Namen, mit dem wir etwas anfangen können und der auch eine relevante Bedeutung für Michael selbst hat. Wir wissen alle, welches Gefühl Michael für die majestätischen Elefanten hatte. Er liebte sie! Gypsy und Babar waren unter seinen Lieblingstieren im Zoo auf Neverland. Er schrieb sogar einen wundervollen Essay über Elefanten in seinem Buch Dancing The Dream, der „So the Elephants March“ heißt. Darin spricht er über die Lehren, die die Elefanten den Menschen über die Jahrhunderte versucht haben nahezubringen. Er schreibt „Aber die wichtigste Botschaft der Elefanten liegt in ihrer Bewegung. Weil sie wissen, zu leben heißt sich bewegen. Mit jeder Morgendämmerung, Generation für Generation marschiert die Herde weiter, eine große Menge Leben, die niemals fällt, eine nicht aufzuhaltende Kraft des Friedens.“ Ich denke, dieser letzte Teil beschreibt Michael ziemlich gut. „Eine nicht aufzuhaltende Kraft des Friedens.“ In vielerlei Hinsicht war es das, was er selbst war.
Für mich sind die Elefanten nicht nur faszinierende Tiere, sondern sie symbolisieren auch ein „sensibles Thema“. Eine schwierige Unterhaltung, die die Leute lieber vermeiden würden. Ein Beispiel: Ich bin eine farbige Amerikanerin (ich mag den Begriff Afro-Amerikaner nicht, denn niemand, weder ich, noch meine Eltern, noch meine Groß- und Urgroßeltern waren jemals in Afrika) und mein Ehemann ist Weißer. Er und ich sprechen oft über verschiedene Rassenthemen, und es ist wundervoll, denn wir können das in einer so offenen und ehrlichen Art und Weise tun ohne die Angst, jemanden zu beleidigen oder die Gefühle des anderen zu verletzen. Wir sind jetzt 10 ½ Jahre verheiratet und wir beeinflussen uns jeweils in der Familie, seiner und meiner, alle haben unsere Beziehung immer sehr unterstützt. Während unserer Gespräche über die Unterschiede zwischen schwarzen und weißen Familien, ist eines der Dinge, die ich oft zu meinem Mann sage, dass meiner Meinung nach weiße Familien dazu tendieren „den Elefanten im Zimmer“ zu ignorieren, es also vorziehen den unbequemen Themen auszuweichen, während schwarze Familien so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf das heikle Thema lenken. Oft wickeln sie Weihnachtslichter um den Elefanten und setzen dann große blinkende Pfeile, um darauf zu zeigen. Natürlich ist das eine Verallgemeinerung, aber so wisst ihr, was ich meine. Der Punkt ist, manchmal wissen die Leute (aller Rassen) nicht genau, wie sie mit einem unangenehmen Thema umgehen sollen, stattdessen „meiden sie den Elefanten im Zimmer“.
Gut, ich denke, wir werden alle zustimmen, wenn man auf Michael Jackson kommt, können eine Menge unangenehmer Themen zur Sprache kommen. Sogar in einem Blog, der sich auf seine Kunst konzentriert. Und Willa und ich werden diese Elefanten nicht meiden. Stattdessen haben wir beschlossen, mit ihnen zu tanzen!
Willa: Joie, ich liebe deine Beschreibung des Elefanten im Zimmer. Ich liebe es einfach! Es erzeugt da diesen kleinen Film in meinem Kopf von einem Haufen Leute, die in einem Zimmer sitzen mit einem Elefanten, den niemand eingeladen hat, und jeder fühlt sich unwohl und peinlich berührt und weiß nicht, wie er sich verhalten soll. Schließlich geht irgendjemand einfach zu dem Elefanten, begrüßt ihn und lädt ihn zum Tanz ein – und sie finden nun alle heraus, dass er im Grunde gar nicht so unheimlich ist. Plötzlich wird aus der peinlichen Situation etwas Angenehmes, und vielleicht wird daraus sogar eine Party. Ich liebe einfach dieses Bild von dem Tanz mit dem Elefanten!
Ich denke auch, dass es von entscheidender Wichtigkeit ist, offen auszusprechen, dass der Elefant im Raum ist, wenn man versucht, Michael Jackson mit seinen schmerzbehafteten Themen zu interpretieren, speziell die Rassenvorurteile betreffend, was so wesentlich für seine Arbeit war – angefangen bei relativ geradlinigen Hymnen wie Black or White bis hin zu komplizierteren Dingen wie die sich verändernde Farbe seiner Haut. Ich denke, du kannst ihn nicht verstehen und das was er tat und wie wichtig es ist, wenn du das Thema Rasse aus dem Bild herausnimmst oder es an die Seite schiebst. Die Konfrontation mit Vorurteilen war in der einen oder anderen Form das Herzstück jeder Sache, die er tat, sowohl als Künstler als auch als kulturelle Person.
Weil wir uns nicht ehrlich den Elefanten im Zimmer eingestehen, denke ich nicht, dass wir überhaupt begonnen haben, zu erkennen, welche bahnbrechenden Ereignisse er herbeigeführt hat. Ich bin weiß, und ich wuchs im Süden (der USA) auf, in einem sehr rassistischen Ort. Dennoch, als Teenager, war meine Definition von ultimativer Sexyness Michael Jackson, ein junger farbiger Mann. Das ist ziemlich erstaunlich, wenn du darüber nachdenkst. Und da waren Millionen von Mädchen in der ganzen Welt, die genauso fühlten wie ich. Es gibt da eine ganze Generation von uns, deren Vorstellungen über Rasse und Sexualität – darüber was sexy ist und was nicht – durch ihn geprägt wurde. Das ist gewaltig. Er war ein Teen Idol, unser erstes schwarzes Teen Idol, und die Auswirkungen dadurch sind tiefgehend und machtvoll und umfassend, aber niemand spricht wirklich darüber oder was das kulturell bedeutet.
Du weißt, jedes Mal, wenn er sein Shirt auf der Bühne zerriss, wie in Dirty Diana oder Come Together, und er uns seine dunkle Brust zeigte und wie schön und sexy das war, forderte er heraus, wie – speziell das weiße – Amerika seinen Körper „lesen“ sollte. Aber er tat das auf eine solch interessante Art. Er war schön und sexy, aber er war immer auch ein aufrichtiger Mensch – teilweise denke ich, weil er den Mut hatte, sich selbst verletzlich sein zu lassen und uns diese Seite von sich auch sehen ließ. Er war nicht einfach ein Kerl von den Chippendales. Er war sexy, aber er wurde niemals zu einem Hochglanz-Sexobjekt, weil wir immer die Menschlichkeit in ihm sehen konnten. Ich sehe ihn an in Dirty Diana oben auf der Bühne mit seiner nackten Brust und den Schultern, und er ist so sexy, dass ich es kaum aushalte, aber er sieht auch so verletzlich aus. Ich weiß nicht, ob ich in Ohnmacht fallen oder ihm eine Suppe machen soll.
Joie: In Ohnmacht fallen oder ihm eine Suppe machen! Ich liebe die Art, wie du die Dinge manchmal siehst!
Willa: Siehst du, du weißt, was ich meine! Du fühlst einfach manchmal den Drang, für ihn sorgen zu müssen, und ich glaube, diese Verletzlichkeit war auch sehr bedeutsam. Dies war während der 1980er Jahre, als in den Innenstädten die Gewalt der Gangs ausbrach und die vorherrschenden Berichte in den Medien waren, dass junge farbige Männer furchterregend und fremd und gefährlich seien. Das wurde uns erzählt – in Nachrichten und Spielfilmen und sogar Werbespots – aber dann war da Michael Jackson, und er hat diese dominanten Berichte fast im Alleingang zurückgedrängt und eine ganz andere Sicht geboten. Er war ein junger farbiger Mann, aber er war süß und lustig und klug und sexy und verletzlich. Er gab uns ein anderes Bild von dem, was es bedeutet ein junger Schwarzer in Amerika zu sein, und für mich schien seine Sichtweise die ehrlichere, menschlichere und glaubwürdigere als die Stereotype des Unheimlichen zu sein.
Joie: Ich stimme dir komplett zu. Er bot uns ein anderes Bild davon, was es hieß ein junger farbiger Mann in Amerika zu sein und bis heute sind die farbigen Amerikaner stolz darauf. Und ich könnte jetzt das Thema wechseln, aber bevor ich das tue, warum erklärst du nicht, was der Titel für dich bedeutet.
Willa: Also „Dancing With the Elephant“ sagt mir etwas über Kunst und ihre Deutung. Für mich bedeutet Interpretation nicht, passiv zu betrachten sondern mich aktiv damit zu beschäftigen, damit zu „tanzen“, mich selbst dafür zu öffnen und mich emotional einzubringen.
Dies erinnert mich an ein Volksmärchen, das ich sehr mag, über sechs blinde Männer, die versuchen, einen Elefanten zu beschreiben und zu verstehen. Der erste kommt zu dem Elefanten und er berührt zufällig den Rüssel. Er fühlt den Rüssel des Elefanten, bemerkt wie stark und doch flexibel dieser ist und erklärt, dass der Elefant wie eine riesige Schlange sei, wie eine Python oder Boa Constrictor. Der zweite blinde Mann macht einen Schritt vorwärts und berührt eines der Beine des Elefanten. Er fühlt rundherum, bemerkt die runde Form und wie robust es ist und sagt, nein ein Elefant sei mehr wie eine Säule oder ein Pfeiler. Der Dritte kommt nach vorn und stößt an die Seite des Elefanten. Er streicht mit der Hand die gewaltige Körperseite entlang und sagt, die anderen beiden würden falsch liegen: Ein Elefant ist wie eine Wand. Dann kommt der Vierte, greift den Schwanz des Elefanten und sagt, nein, ein Elefant ist wie ein Seil. Der Fünfte fühlt, wie das Ohr vor- und zurückflattert und sagt, ein Elefant ist wie ein Fächer. Der Sechste greift nach dem Stoßzahn und meint, ein Elefant ist wie ein Spieß.
Jeder der blinden Männer gibt eine genaue Beschreibung des Erscheinungsbildes des Elefanten ab, den er gerade für sich erfährt, aber keiner von ihnen begreift das ganze Tier. Sie nehmen lediglich Stücke und Teile wahr. Nur wenn sie ihre Erfahrungen teilen und ihre Meinungen austauschen werden sie jemals fähig sein, eine Vorstellung von dem Elefanten zu entwickeln und beginnen abschätzen zu können, was für ein wahrhaft prachtvolles Tier das ist.
Ich liebe diese Geschichte von den sechs blinden Männern und denke, dass es speziell bedeutend ist, Meinungen auszutauschen, Sichtweisen und Erfahrungen zu teilen, wenn man versucht so etwas Kompliziertes und Subjektives wie ein Kunstwerk zu verstehen, speziell bei einem Künstler, der so experimentell ist wie Michael Jackson, der so viele Grenzen verschoben und so viele vorgefasste Meinungen und allgemein anerkannte Sichtweisen herausgefordert hat.
Beispielsweise haben Joie und ich hin- und herdiskutiert, wie wir die sich verändernde Farbe von Michaels Haut interpretieren sollen. Sie machte keine Scherze, als sie darüber sprach, wie erhitzt unsere Debatten waren. Ich sah es als eine brillante künstlerische Entscheidung, die tiefgreifend beeinflusst hat, wie speziell das Weiße Amerika Rassenunterschiede erlebt. Joie sah es als qualvolle emotionale Entscheidung, mit der er jahrelang gekämpft hat. Meine Diskussionen mit Joie haben meine Interpretation nicht grundlegend geändert, aber sie haben mich ungeheuer beeinflusst. Ihre Gedanken haben mein Verständnis für diesen Aspekt seiner Arbeit vertieft und verkompliziert und es tatsächlich gewaltiger und bedeutungsschwerer für mich gemacht beim Verstehen dessen, wie schwierig diese Entscheidung für ihn gewesen sein muss, und wie schmerzhaft es wohl war, so missverstanden zu werden.
Joie: Also, Willa und ich hoffen mit diesem Blog einige wirklich in die Tiefe gehende Gespräche über Michael Jackson und seinen kulturellen Einfluss zu führen. Wir haben die Absicht, dies wöchentlich zu tun, schließt euch uns an.
Willa: Unser Ziel ist, eine stichhaltige Diskussion entstehen zu lassen, in der wir alle Gedanken teilen können und nicht immer einer Meinung sein werden, aber in einer respektvollen Art und Weise, die zu einem tieferen Verständnis seiner Arbeit führt. Wenn ihr uns gern kontaktieren wollt mit Fragen oder zukünftigen Themenwünschen für den Blog, hier ist unsere E-Mail-Adresse: dancing.with.the.elephant@gmail.com
Joie: Sagt uns was ihr denkt. Wir wollen es hören!
Gedanken zu My Baby
Willa: Wie Joie letzte Woche erwähnt hat, ist dieser Blog aus einer langen Serie von E-Mails entstanden, die zwischen uns hin- und hergingen. Wir hatten eine wunderbare Zeit, in der wir Gedanken austauschten und Notizen verglichen über Michael Jacksons Arbeit, und wir haben es sehr genossen, mit jemandem zu reden, der seine Arbeiten kennt und sich genauso für ihn interessiert wie wir. Eine Sache, die wir im Verlauf unserer E-Mails entdeckt haben ist, dass wir beide fasziniert sind von My Baby, und das schon seit einer langen Zeit.
Joie: Ihr wisst alle, wer sie ist; ihr habt gehört, wie Michael über sie seit Jahren singt. Sie ist vermutlich das Mädchen seiner Träume, die Frau, die ihn kennt und liebt und sich wirklich um ihn sorgt. Sie ist auch die Frau, die ständig von anderen wieder und wieder verletzt wird, von „bösen Mädchen“, die sich selbst in Michaels Umlaufbahn werfen wie in Billie Jean, Dirty Diana und Dangerous.
Willa: Sie ist eine sehr wichtige Figur in Michael Jacksons Werken, taucht auf jedem Album auf von Triumph und Thriller in den frühen 1980ern bis zu Invincible in 2001. Und, wie Joie sagt, sie wird fast immer verletzt oder bedroht in irgendeiner Art. Tatsächlich ist es so, dass wir sie oft in Tränen aufgelöst weggehen sehen.
Joie: Was meine Aufmerksamkeit an ihr fesselt, vermute ich, ist die Tatsache, dass Michael über sie singt, als wäre sie jemand, den es schon sehr lange in seinem Leben gibt. Sogar obwohl ihr Erscheinen in den Songs, die ich bereits erwähnte – und auch in anderen – für gewöhnlich kurz ist, bekommen wir das Gefühl, dass sie unglaublich wichtig für ihn ist. Er liebt sie und er möchte sie eindeutig beschützen vor den ‚gemeinen Frauen‘ (wicked women), über die er in Heartbreak Hotel (a.k.a. This Place Hotel) singt. Wir sehen ihn ständig, wie er sich darüber ärgert, dass sie irgendwie verletzt wurde von den „bösen Mädchen“ und dass sie sie von ihm vertreiben.
Jemand versucht immer
My Baby zum Weinen zu bringen
Redend, kreischend, lügend,
sagend, du willst irgendwie etwas anfangen.Someone’s always tryin‘
To start My Baby cryin‘
Talking, sqealing, lying,
Saying you just want to be startin’ somethin’
Es ist fast, als ob er eine Beziehung beschreibt, die bereits ihren Anteil an Hochs und Tiefs hatte. Sie sind durch solche Situationen bereits vorher gegangen und jedes Mal endet es damit, dass My Baby verletzt wird. Wenigstens in den frühen Jahren ihrer Beziehung – in den 1980ern und 90ern. Aber ab 2001 in Heaven Can Wait ist es ganz klar eine andere Beziehung. Hier sehen wir, dass My Baby ihn nicht nur liebt und für ihn sorgt, sondern ihm auch vertraut; sie glaubt an ihn. Ihre Beziehung ist fest und niemand kann sich mehr zwischen sie stellen. Zusammen sind sie eine Kraft, mit der man rechnen muss, und es ist die größte Liebesaffäre, die jeder von beiden jemals erlebt hat. Er liebt sie so tief, dass er sie nicht für einen Moment verlassen will – nicht mal für den Himmel!
Oh nein, ich kann nicht ohne My Baby sein.
Ich will nicht gehen, ohne sie werde ich verrückt.
Oh nein, ich schätze, der Himmel wird warten.Oh no, can’t be without My Baby.
Won’t go, without her I’ll go crazy.
Oh no, guess Heaven will be waiting.
Es ist wirklich interessant für mich, dass ihre Verbindung sich über die Zeit verändert. Die Art, wie er über sie schreibt, wächst und reift über die Jahre, als ob es eine reale Beziehung wäre. Wir sehen die anfängliche Verliebtheit in Songs wie The Way You Make Me Feel und Streetwalker, und wir beobachten, wie sie wächst und erblüht in Songs wie Black or White und Fly Away. Und dann sehen wir den Höhepunkt ihrer Liebe in dem wunderschönen Heaven Can Wait.
Willa: Wie Joie sagt, in den frühen Alben wird sie von anderen Frauen bedroht. My Baby scheint eine private Person zu sein, die den Protagonist kennt und sich um ihn sorgt, obwohl sie das Rampenlicht scheut und sich irgendwie nicht wohlfühlt mit seinem Ruhm. Er liebt sie und versucht, sie zu beschützen, aber sie wird wiederholt verletzt von einer anderen Frau, die sie vertreiben und ihren Platz einnehmen will. Diese zweite Frau kennt ihn aber nicht wirklich oder kümmert sich nicht wirklich um ihn, sondern sie ist viel frecher als My Baby und fühlt sich genau genommen angezogen vom Ruhm, dem Ruhm des Protagonisten – tatsächlich ist sie eine Art Abenteurerin. Der Protagonist erkennt all das und misstraut ihr. Aber zur gleichen Zeit fühlt er sich seltsam angezogen von dieser anderen, kühnen Frau.
Joie: Und diese Beziehung zu dieser anderen Frau ist genauso interessant wie seine Beziehung mit My Baby. Es ist fast so, als ob er die eine nicht ohne die andere haben kann. Als wären sie sozusagen zwei Seiten derselben Münze.
Willa: Ich stimme dir zu. Der immer wiederkehrende Konflikt zwischen diesen Frauen ist sehr interessant. Da geht offensichtlich etwas sehr Wichtiges vor sich – etwas, das Michael Jackson über Jahre erkundet und womit er gerungen hat. Ich denke, das ist ein Grund dafür, dass ich anfing, zu sehen, dass My Baby mehr repräsentiert als nur eine romantische Beziehung. Für mich repräsentieren My Baby und die andere Frau seine schüchterne Seite gegenüber seiner öffentlichen Seite oder sein Privatleben gegenüber seinem Leben in der Öffentlichkeit mit dem Eindringen der Medien und dem intensiven öffentlichen Interesse, den Drohungen, sein Privatleben zu zerstören, genauso wie die dreiste andere Frau damit droht, My Baby zu vertreiben. Oder diese zwei Frau könnten einerseits seine Muse repräsentieren – die mythische Frau, die ganz leise über Jahrhunderte Künstler zur Kreativität inspiriert hat – und andererseits das Publikum und die Kritiker, die forderten, dass er ein weiteres Thriller erschafft oder dass er wieder und wieder für den Rest seines Lebens Billie Jean singen sollte. Aber es ist keine entweder/oder-Situation. Während ich diese anderen Interpretationen sehe, sehe ich immer noch My Baby als eine Frau, die ihn kennt, für ihn sorgt und ihn emotional unterstützt.
Joie: My Baby ist faszinierend auf so vielen Ebenen, und als Willa und ich entdeckten, dass wir uns beide für sie – und ihr Verderben – interessierten, waren wir wirklich überrascht. Ich denke, es war zu dem Zeitpunkt, dass wir wirklich ernsthaft darüber redeten, einen Blog miteinander zu starten, weil wir neugierig waren, ob wir die zwei einzigen Leute da draußen sind, die sich Fragen zu diesem speziellen Thema stellen. So beabsichtigen wir, uns My Baby in den kommenden Wochen genauer anzusehen. Wir planen, bei verschiedenen Songs in die Tiefe zu gehen, um zu sehen, wie sie dargestellt wird und darüber zu sprechen, was/wer sie ist und was Michael uns durch sie sagen wollte.
Willa: Und nochmal, unser Ziel ist es, einen Ort zu schaffen, wo eine Gemeinschaft von Leuten zusammenkommen und ihre Interpretationen von Michael Jacksons Arbeit und was sie für sie zu verschiedenen Zeiten bedeutet hat, teilen kann – denn Interpretationen entwickeln sich über die Zeit. Und es ist okay, wenn wir nicht übereinstimmen – sogar leidenschaftlich nicht übereinstimmen – solange wir es mit Respekt tun. Um ehrlich zu sein, zeitweise stimme ich nicht mal mit mir selbst überein! Manchmal sehe ich My Baby als eine Person, manchmal sehe ich sie symbolisch für etwas, und ganz oft sehe ich beides in ihr. Und ich mag diese Zweideutigkeit. Für mich ist das eins der Dinge, die Michael Jacksons Arbeiten so reichhaltig machen – dass es so viele verschiedenen Dinge zu verschiedenen Zeiten für verschiedene Leute bedeuten kann.
Übersetzung: Ilke